Es war einmal... die Wunschfeder
- 2 Jun 2025
- Katrin Bamberg - Spinnradmärchen
Am Rande des Dorfes stand eine kleine Hütte, dort wohnte ein junger Bursche. Er saß am Tisch und dachte über sein Leben nach. Nichts besaß er. Er wusste nicht, was er mit dem Leben anfangen sollte und es gab kein Wohin. Aber in ihm war eine große Sehnsucht. Wenn ich doch Geld hätte, dachte er bei sich … und schaute zu Fenster hinaus. Der Wind scheuchte die dunklen Wolken über den Himmel und als es anfing zu regnen, prasselten die dicken Tropfen gegen die Fensterscheiben. Da sah er, wie ein wunderschöner blauer Vogel sich gegen den Wind stemmte, doch wurde er von einer Böe erfasst und herumgeschleudert, so dass er kraftlos vor dem Haus des Buschen niederfiel.
Der Bursche zog sich die Jacke über den Kopf, rannte hinaus in Sturm und Regen und brachte das Tier in Sicherheit. Als der Vogel wieder zu sich kam und der Sturm sich gelegt hatte, sprach er zu dem Burschen: „Du hast mir das Leben gerettet. Ziehe eine blaue Feder aus meinem Federkleid, denn diese Feder ist eine Wunschfeder. Schreibe den Wunsch auf und er wird in Erfüllung gehen.“ Der Bursche reißt dem Vogel eine Feder aus, und wie er sie in der Hand hielt, war es eine Schreibfeder mit goldenem Griff. Der Vogel breitete seine Flügel aus und peitschte durch die offene Tür davon. Rasch nahm der Bursche ein Stück Papier zur Hand und schrieb:
Ich wünsche mir eine Wahrheit voller Geld!
Im selben Augenblick stand da eine große Truhe voller Gold- und Silbermünzen. Ich muss den Schatz verstecken, aber wo? Wo versteckt man diesen Schatz?
Der nahe gelegene Waldsee … dort gab es eine Insel. Da wäre der Schatz gut verborgen, dachte er. Er schleppte die Truhe bis zu dem kleinen alten Kahn am Ufer und ruderte zur Insel. Das Ufer war steil und schlammig. Da geschah das Unglück! Als er die Kiste aus dem wackelnden Kahn hievte, verlor er das Gleichgewicht, kippte mit samt dem Kahn um, die Kiste sank in die Tiefe hinab, viel zu tief um danach zu tauchen. Alles versank, bis auf ein winziges Silberstück, das auf dem Wasser schwamm. Prustend und hustend tauchte er auf, griff nach dem Silberling und schwamm zurück ans Ufer: „Das muss eine ehrliche Silbermünze sein, denn alles Ehrliche sinkt nicht unter.“ Da steckte er die Münze ein, lief nach Hause. Es ist nicht viel Geld, aber ich werde in die Welt hinausziehen! Ich werde mein Glück schon finden. So gelangte er in eine Hafenstadt und suchte sich Arbeit im Hause eines Kaufmanns. Er dort durfte als Küchenjunge alle Arbeiten tun: Feuer machen, Gemüse putzen, Hühner rupfen. Es war schwere Arbeit. Eines Tages nun brach der Kaufmann auf und ging auf Reisen. Er bot an, seinen Dienstboten und Knechten etwas mitzubringen. Auch die Köchin und der Magd gaben dem Kaufmann Geld und sagten ihm, was sie wollte. Der Junge gab ihm seinen kleinen Silberling. „Was soll ich denn damit kaufen?“, fragte der Kaufmann belustigt. „Für einen Silberling gibt es nicht gerade viele Schnäppchen.“ „Kaufen Sie, was immer Sie dafür bekommen haben“, forderte der Junge. Der Kaufmann versprach es und segelte lachend davon.
Als der Kaufmann weit über das Meer gefahren war und sein Ziel erreicht hatte, verkaufte er seine ganze Ladung und füllte sein Schiff mit edlen Gewürzen, teuren Seidenstoffen und kostbaren Teppichen. Doch bevor er sich auf den Heimweg machte, lief er zum Markt und kümmerte sich um alle Dinge, die sich seine Dienerschaft gewünscht hatte. Nur den Küchenjungen vergaß er. Auf dem Rückweg erinnerte er sich an den ehrlichen Silberling. „Für einen Silberling gehe ich nicht noch einmal zum Markt.“ sagte er sich. „Bekommt er halt nichts.“ Da kam ihm eine alte Frau mit einem Sack in der Hand entgegen, da zappelte etwas darinnen. „Was ist in dem Sack?“, fragte der Kaufmann. „Meine Katze Layla. Ich kann mir das Futter nicht mehr leisten, also werde ich sie ins Meer werfen.“ – „Verkaufst du sie mir für einen Silberling?“ Da war der Alte einverstanden und er nahm die Katze mit an Bord. Die Katze Layla kletterte auf den Hauptmast und saß ganz oben. Da hatte sie einen großartigen Ausblick. Ein Sturm aber trieb das Schiff vom Kurs ab und drei Tage später lag das Schiff vor einer Insel, die der Kaufmann nie zuvor gesehen hatte. Er ging an Land und fand ein Gasthaus. Die Leute warten auf ihr Essen. Neben ihren Tellern liegen jeweils ein Löffel und ein kräftiger Holzstock. Der Kaufmann wunderte sich. Wozu soll das gut sein? Kaum war das Essen serviert, wusste er, wozu die Knüppel waren. Aus allen Ecken kamen Mäuse, kletterten auf die Tische und wollten das Essen stehlen. Die Leute schlugen mit den Stöcken um sich. Dabei fielen auch Teller und Essen zu Boden. DAS KRIEG KEINE MAHLZEIT! DAS WAR DAS BLANKE CHAOS! Da fragte der Kaufmann den Gastwirt: „Habt ihr denn keine Katze?“ – „Was ist eine Katze?“, fragte der Wirt. Der Kaufmann grinste: „Ich zeige dir eine.“ Er lief zum Schiff und brachte die Katze Layla ins Gasthaus. Plötzlich war keine einzige Maus mehr zu sehen. Alle versteckten sich in den Mauselöchern. „Was kostet diese Katze? Die brauche ich unbedingt. Bitte verkaufe sie mir.“, flehte der der Wirt. „Für einen Sack voll Goldstücke lasse ich sie dir einen ganzen Tag hier.“, bot der Kaufmann an. Layla hat ihre Sache gut gemacht. Die Mäusefamilien suchen das Weite.
Der Kaufmann kehrte auf sein Schiff zurück und setzte das Segel. Ober auf dem Hauptmast saß die Katze. „Hey, Layla“, rief der Kaufmann. „Der Bursche kann dich behalten, aber das Gold behalte ich. Schließlich muss ich als guter Preis besonders an mich denken.“
Plötzlich kam ein Sturm auf, heftiger als zuvor. Das Schiff trieb in ein unbekanntes Land. Dort war es ähnlich, nur lagen in diesem Gasthaus größere Knüppel neben den Tellern. Dafür waren die Mäuse, die der Kaufmann da zu sehen bekam, wesentlich größer und fetter. Wieder holte der Kaufmann die Katze und überließ sie dem Gastwirt. Er verlangte zwei Sack voll Gold. Als das Schiff das Segel setzte, saß Layla höchstzufrieden oben auf dem Mast und grinste. „Ich bringe dich zu dem Jungen, aber das Gold behalte ich!“, rief der Kaufmann zu ihr hinauf.
Kaum hatte er die Worte ausgesprochen, kam ein Sturm auf, der noch heftiger als zuvor blies. Er trieb das Schiff in ein Land, da lagen Eisenstangen neben den Tellern. Dieses Land wurde von tausenden Ratten geplagt. Der Gastwirt sah, wie die Ratten sich vor Layla fürchteten und davon rannten. Er zahlte ohne zu zögern fünf Säcke Gold. Die Katze saß schon oben auf dem Mast, als der Kaufmann zum Schiff verkaufte.
„Also gut, ich werde dem Burschen ein paar Goldmünzen abgeben. Ich muss auch an mich denken!“, sagte der Kaufmann. Da verdunkelte sich der Himmel. Ein Sturm kam auf und warf das Schiff hin und her. Der Kaufmann erkannte, dass es nur einen Weg zur Rettung gab. „Schon gut, ich verspreche, dass ich dem Burschen das ganze Gold gebe, jede einzelne Münze und dich dazu.“ Da legte sich der Sturm, die Sonne schien und der Wind brachte das Schiff sicher in den Hafen.
Der Kaufmann hielt sein Versprechen. Für den ehrlichen Silberling gab er dem Burschen die Katze und acht Säcke voll Gold. Damit konnte der Bursche ein gutes Leben führen, fand eine liebe Frau und sie lebte glücklich bis an ihr Ende.
Herzliche Grüße
Katrin Bamberg
Öffentliche Erzähltermine:
Sonntag, 8.6.2025 14.30 + 16.00 Uhr, Nussbach Fest Musikverein - Märchen für Familien
Samstag, 21.6.2025 20 Uhr, Theater der 2 Ufer - Sommersonnenwende
Freitag, 27.6.2025 19 Uhr, Kirche Sand - Wunschpunsch
Sonntag, 29.6.2025 15 Uhr , Theater der 2 Ufer - Märchen im Zauberwäldchen
Sonntag, 6.7.2025 14+16 Uhr, Schloss Ortenberg - Burgfest
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